Die Löhrpflaume

Foto FRUCTUS

Die Löhrpflaume (Prunus domestica), von Fructus, der Vereinigung zur Förderung alter Obstorten, zur Obstsorte des Jahres gewählt, ist ein Zufallsprodukt der Natur, das vom Spirituosenhändler und Brenner Ernst Luginbühl-Bögli in den Vierzigerjahren entdeckt wurde. In der Umgebung der Dorfschaft Oltigen BE fand er einen wild gewachsenen Baum voller kleiner, aromatischer Pflaumen. Er erntete die Früchte, maischte sie ein und brannte die Maische in seiner Brennerei in Aarberg. Das Destillat überzeugte so sehr, dass Ernst Luginbühl-Bögli eine Baumschule in Worben mit der Produktion von hochstämmigen Bäumen der neu entdeckten Pflaume beauftragte. Davon pflanzte er 600 Stück auf seinem Bauernhof im Weiler Löhr, Gemeinde Seedorf BE. Die Zufallssorte wurde auf den Namen Löhrpflaume getauft und bald begannen weitere Bauern in der Umgebung, Löhrpflaumen anzubauen.

Das Löhrgut in Lobsigen

Das sortenrein gebrannte Pflümliwasser wurde ein grosser Erfolg und die Löhrpflaume zum begehrten Rohstoff für Brennereien im ganzen Land. Bald wurde die neue Sorte nicht nur in der Deutsch- und Westschweiz, sondern auch in Deutschland und Österreich angebaut. 

Löhrpflümliwasser, gebrannt in Kallnach

Ernst Luginbühl-Böglis Brennerei wurde 1996 nach Kallnach verlegt. Sie wird heute von Urenkel Oliver Matter und seiner Frau Nicole geführt. Zur Brennerei gehören auch mehr als 70 Löhrpflaumenbäume. Oliver und Nicole Matter kennen die Sorte darum gut. «Kuchen backen, Konfitüre machen, einmaischen oder am gleichen Tag essen» lautet ihre Devise während der Erntezeit. Mit Löhrpflaumen lassen sich exzellente Obstkuchen backen und feine Konfitüren herstellen. Der grösste Teil der kleinen Pflaumen wandert jedoch ins Fass und wird später in den Brennereien meistens sortenrein destilliert. Damit sich das typische Aroma entwickeln kann, wird der Fruchtbrand anschliessend zwei Jahre gelagert. Das trinkfertige «Pflümliwasser» ist kräftig und duftet angenehm nach Mandeln und Zimt. Durch die Lagerung im Holzfass wird das Löhrpflaumendestillat auch zum sortenreinen Vieille Prune weiterveredelt, einem fruchtig-samtigen Digestif mit langem Abgang.

Die Früchte

reife Löhrpflaumen, Foto FRUCTUS

Reife Löhrpflaumen haben eine kugelige Form. Das Fleisch ist weich, saftig und ausgesprochen aromatisch. Eine angenehme Säure und die intensive Süsse sind sortentypisch. Die Früchte sind orangerot mit einer blauroten Deckfarbe. Die Haut ist beduftet, also von einer bläulichen Wachsschicht überzogen.

Reif ist die Löhrpflaume erst, wenn sie zu Boden gefallen ist. Das dauert drei bis vier Wochen. In dieser Zeit werden die Früchte alle ein oder zwei Tage aufgelesen und rasch verarbeitet. Dieser hohe Arbeitsaufwand und ertragreichere Sorten drängten die Löhrpflaume zurück.

Ernte, in Netzen werden die Früchte gesammelt, Foto FRUCTUS

Der Baum

Die Löhrpflaumenbäume werden mittelgross, sind anspruchslos, robust und genügsam. Da sie früh blühen, eignen sie sich auch für höhere Lagen, sind aber anfällig für Spätfröste. Mit Ausnahme der Pflaumensägewespe befallen kaum andere Schädlinge oder Krankheitserreger die Bäume. Neben dem Brennen eignen sich die auch Zuckerpflaumen genannten Früchte bestens für Kuchen und Konfitüre.

Fructus empfiehlt die Löhrpflaume wegen ihrer Eignung als Fruchtbrand und andere Spezialitäten für den extensiven Feldobstbau und die Selbstversorgung. Die Pflaumensorte lässt sich auch in Niederstammanlagen kultivieren.

Das Holz